RESTE GENIESSEN

88 MILLIONEN TONNEN LEBENSMITTEL WERDEN EU-WEIT ZU WEGWERF-WARE. DABEI IST VIELES DAVON ALLES ANDERE ALS UNGENIESSBAR. IM GEGENTEIL. WENIGER ZU VERSCHWENDEN UND MEHR AUS DEN RESTEN ZU MACHEN, IST SOGAR EIN DOPPELTER GENUSS.

Wenn der Käse dunkle Ränder bekommt und das Brot hart ist. Wenn die Äpfel nicht mehr taufrisch und die Karotten nicht mehr so knackig sind. Wenn die Paprika ihre Haut in Falten legt und der Salat den Kopf hängen lässt. Wenn der Appetit gestillt ist, aber im Kochtopf noch Nudeln sind. Wenn man zu viel Reis gekocht oder Fleisch gegrillt hat. Wenn die Augen größer waren als der Hunger. Wenn. Wenn. Wenn. Dann passiert immer dasselbe: Die Lebensmittel landen im Müll. Aber das muss nicht sein. Nicht, wenn man bewusster einkauft. Nicht, wenn man weiß, dass das Haltbarkeitsdatum bei Fisch, Fleisch und Eiern seine absolute Berechtigung hat, aber bei Nudeln, Getreide, Tee, Kakao oder Tiefkühlkost in Maßen überschritten werden kann. Und nicht, wenn man aus den Resten etwas zu machen weiß.

OBST UND GEMÜSE

Eine beim Tsatsiki vergessene Gurke. Eine von der Sonne gebräunte Banane. Eine zu weiche Avocado. Dazu Milch, Spinat und eine Handvoll Heidelbeeren. Alles mixen. Und schon ist es ein Smoothie. Bananen kann man vorerst auch einfrieren, dann ist das gesunde Getränk auch noch eisgekühlt. Und natürlich können Experimentierfreudige alle möglichen Obst- und Gemüsesorten miteinander mixen. Wer es lieber heiß mag, macht aus dem altersschwachen Gemüse eine Suppe. Dazu schneidet man Karotten, Paprika, übrig gebliebene Erdäpfel – und was man sonst noch so findet – klein, gart das Ganze und füllt es mit Gemüsebrühe auf. Bleibt dann noch etwas übrig, kommt es in die Tiefkühltruhe zur Banane. Selbst aus den Resten, die man für ungenießbar hält, lässt sich noch etwas Sinnvolles machen. Schalen, Stümpfe, Blätter – und was sonst noch beim Gemüseschnipseln übrigbleibt – kommt alles in einen Topf mit Wasser und nach dem Kochen als Gemüsefond wieder heraus. Man füllt ihn in kleine Schraubgläser und stellt diese in den Eiskasten. Der Bio-Koch Jürgen Andruschkewitsch empfiehlt, nicht mehr ganz so frische Äpfel zu Mus zu verarbeiten. Vier Äpfel vierteln und mit Zucker und Zimt in einen Topf geben. Bis zur Hälfte der Früchte mit Wasser auffüllen und weich kochen. Dann streicht man sie durch ein Sieb, gibt zwei Teelöffel Zucker und etwas Zimt dazu. Umrühren. Genießen. Wer kein Apfelmus mag, gibt mehr Wasser, Zitronensaft, Zimtrinde und Gewürznelken in den Topf, spart sich die Prozedur mit dem Sieb und macht Apfelkompott.

GEBÄCK UND BROT

Nicht mehr ganz so frisches Toastbrot wird leicht zu French Toast. Damit wird auch gleich das übrig gebliebene Schlagobers vor dem Müll gerettet. Man vermengt es mit Eiern, Salz, Zimt, Muskatnuss und Vanillezucker und gießt es über die Toastscheiben in der Auflaufform. Darüber streut man Nüsse und etwas Zimt und bäckt alles bei 180 Grad im Ofen goldgelb. Zum Verfeinern passt Ahornsirup oder Staubzucker. Altes Brot hält man unter den laufenden Wasserhahn und bäckt es dann bei 180 Grad im Ofen. Auf einmal ist es wieder knusprig. Mit altem Weißbrot füttert man Enten oder reibt es fein zu Semmelbröseln. Das Schnitzel oder die Champignons, die man damit paniert, sollten dann allerdings frisch sein. Willi Haider, Inhaber der „Ersten Steirischen Kochschule”, macht aus altem Gebäck und nicht ganz taufrischen Äpfeln ein klassisches Gericht: Scheiterhaufen. Dazu braucht er zehn Semmeln, 750 ml Milch, acht Eier, 160 g Zucker, sechs Äpfel, sechs Esslöffel Rosinen, 30 g Staubzucker, etwas Butter, etwas Rum, Zimt und Salz. Semmeln schneiden. Milch mit dem Zucker, einer Prise Salz und den Eierdottern verrühren – vier Eiweiße behält man zurück. Die Rosinen in wenig Wasser mit dem Rum einweichen. Äpfel schälen, vierteln, feinblättrig schneiden oder grob raspeln. Eine Backform mit Butter ausstreichen. Äpfel und Rosinen vermengen und mit Zimt würzen. Die Semmeln in der Eiermilch gut anfeuchten. Und dann schichtet man: abwechselnd Semmelmasse und Apfelmasse in die Backform. Die restliche Eiermilch darüber, den Scheiterhaufen gut zusammenpressen und eine halbe Stunde ruhen lassen. Den Ofen auf 200 Grad vorheizen und den Scheiterhaufen 40 Minuten lang backen. Abkühlen lassen, die vier Eiweiße mit Staubzucker und einer Prise Salz zu festem Schnee schlagen und das Kunstwerk garnieren. Guten Appetit.

NUDELN UND REIS

Genau so viele Nudeln zu kochen, wie man braucht, ist für die meisten eine Kunst. Meistens bleibt mindestens eine Portion übrig. Lässt man diese später nur zehn Sekunden ziehen, sind die Nudeln wieder wie gerade frisch zubereitet. Oder man macht es dem Koch Thilo Bischoff nach und Schinkennudeln daraus. Ein paar Kräuter wie Petersilie, Schnittlauch oder Dill, etwas Öl, zwei Eier, 350 g Schinken, Salz, Pfeffer und insgesamt 800 g Nudeln. Da werden vier Leute satt. Pfanne stark erhitzen, die Nudeln – Penne eignen sich gut – mit Öl und Schinken gut anbraten. Salz und Pfeffer mit den Eiern verquirlen und in die Pfanne damit. Kräuter dazu, verrühren, Mahlzeit. Auch Reis bleibt gerne übrig. Und ist ab sofort eine gute Suppeneinlage. Schmeckt ausgezeichnet in Tomatensuppe.

ERDÄPFEL

Ein hartnäckiges Gerücht besagt, Erdäpfel könne man nur einen Tag lang essen, dann seien sie giftig. Ein Mythos, und ein ziemlich hartnäckiger obendrein. Und das lässt sich nachweisen! Zum Beispiel, wenn man sie mit Wurst in Olivenöl anbrät, mit Salz, Pfeffer und Oregano würzt, drei verquirlte Eier darübergibt und verrührt. Dann sind die Erdäpfel vom Vortag durchaus ein Frühstück, nach dem man mit der Axt in den Wald gehen kann. Das Gericht lässt sich mit Zwiebeln, Lauch, Paradeisern oder Gewürzgurken verfeinern. Davon findet man bestimmt noch etwas im Kühlschrank, das aufgebraucht werden muss.

FLEISCH

Ein Braten wird zwar nicht so schnell schlecht, ist aber auch oft zu viel für ein Familientreffen. Eine von vielen Lösungen für den nächsten Tag: Das Fleisch in dünne Scheiben schneiden, Zwiebeln anbraten, vielleicht noch eine Schnittlauchsauce dazugeben und alles zwischen zwei Scheiben Brot legen. Gutbert Fallert macht aus Bratenresten einen Teufelssalat. 400 g Bratenfleisch, etwas Gemüse und Salat, 250 g Mayonnaise, vier Esslöffel Ketchup, einen Esslöffel Chicken-Chili-Sauce, vier Esslöffel Orangensaft, einen Teelöffel Kren, etwas Milch, einen Spritzer Cognac, Cayennepfeffer und Salz. Genug für vier Personen. Fleisch in Streifen schneiden. Pro Person braucht man etwa 100 g Gemüse und Salat. Zum Beispiel Paprika, Ingwer oder Frühlingszwiebeln in Streifen. Oder grüne Bohnen, wenn man mag. Dazu zum Beispiel Rucola. All das mischt man mit dem Braten in einer großen Schüssel. Für die Cocktailsauce Mayonnaise, Ketchup, Orangensaft, geriebenen Kren und, wenn man will, Chicken-Chili-Sauce mit dem Schneebesen verrühren. Wenn nötig mit etwas Milch oder Wasser verdünnen. Mit Pfeffer, Salz und Cognac abschmecken. Mit Cocktailsauce beträufeln, servieren.

KRÄUTER

Frische Kräuter, die einem übrig bleiben, kann man einfrieren. Dazu gibt man sie in Eiswürfelbehälter und füllt diese mit etwas Wasser. Sind die Kräuter schon etwas welk, kann man mit Joghurt, Sauerrahm und Topfen – jeweils 150 g –, Salz, Pfeffer und einem Teelöffel Zucker einen Aufstrich machen, der gut aufs Brot oder als Dip zu Braterdäpfeln passt. Man kann die Kräuter aber auch trocknen. Und zu Kräutersalz verarbeiten. Das ideale Mischverhältnis: 80 Prozent Salz, 20 Prozent Kräuter. Und da kann man alles nehmen, was einem einfällt. Auch mehrere Kräuterarten gleichzeitig: Rosmarin, Lavendel, Bärlauch, Salbei und Oregano zum Beispiel. Welche Reste man auch immer in der Küche findet, irgendetwas Gutes kann man daraus bestimmt noch machen.

5 TIPPS ZUR RESTEVERMEIDUNG

Das Ablaufdatum ist bei vielen Lebensmitteln nur eine Garantie des Herstellers. Es ist ein Mindesthaltbarkeitsdatum. Also eher eine Information als eine Vorschrift. Lebensmittel danach wirklich wegzuwerfen, ist also nicht notwendig.

Kaufen Sie bewusst und gezielt ein. Nur, was Sie wirklich brauchen. Kontrollieren Sie Ihre Bestände. Schreiben Sie einen Einkaufszettel. Und gehen Sie niemals hungrig in den Supermarkt.

Kochen Sie kleinere Portionen. Und flankieren Sie Ihre Gerichte mit Salat, Brot oder Obst. Verwenden Sie Reste zuerst.

Lagern Sie die Lebensmittel sachgemäß. Licht, Temperatur und Luftfeuchtigkeit entscheiden, wie lange sie genießbar sind. Und stellen Sie neue Verpackungen immer hinter die alten.

Ob ein Ei noch gut ist, erkennt man, wenn man es in ein Glas Wasser gibt: Sinkt es, ist es genießbar; schwimmt es oben, ist es verdorben.