Was ist Luxus? Manche meinen, unter 200 PS würde das nackte automobile Elend beginnen. Andere frieren ohne Diamantencollier am Dekolleté. Villen an den schönsten Orten der Erde, Yachten und Gemälde beschreiben dabei den grellsten und offensichtlichsten Luxus, der für den, der wenig hat, ein altes, klappriges Fahrrad ist. Wer immer schon von goldenen Tellern gespeist hat, wird Kostbares nicht so schätzen wie der Besitzlose eine sättigende Mahlzeit. Als Bäcker erlebt man Luxus, wenn man bis zum Sonnenaufgang ausschlafen kann. Als Wüstennomade einen überraschenden kurzen Regenguss. Als Discjockey ein paar Stunden entspannender Stille. Oder als Eltern, wenn die Kinder für eine Woche im Ferienlager sind. Luxus kann sein, endlich einmal für das Einkleben der Fotos in Alben Zeit zu haben, einen Blick vom Gipfel ins Tal zu werfen oder für den Einsamen eine liebe, streichelnde Hand. Die Beispiele zeigen zweierlei: Erstens, wie fließend die Grenze zwischen Notwendigem und Überflüssigem verläuft. Und zweitens, dass Luxus nicht unbedingt materiell sein muss. Alles, was das Gewöhnliche oder Notwendige übersteigt, kann als Luxus wahrgenommen werden. In den westlichen Industrienationen wird kein Mensch bei der Benützung einer Rolltreppe von luxuriösen Gefühlen überwältigt. Ebenso sind ärztliche Versorgung, Mobilität, Freiheit im Denken und Handeln und der Zugang zu Wissen selbstverständlich geworden. All dies ist für viele Völker der Erde ein Luxus, von dem sie nur träumen können. Als Triebfeder für außergewöhnliche Leistungen hat das Streben nach Luxus zur gesellschaftlichen Entwicklung und zum Aufbau von Wohlstand beigetragen, wenn auch die Früchte nicht für jedermann zugänglich sind. Man kann täglich Austern und Kaviar genießen. Doch macht das auf Dauer zufrieden? Ein Glücksversprechen kann Luxus jedenfalls nicht abgeben. Denn was ist alles Gold und Geld der Welt gegen echte Freundschaft, Vertrauen und Liebe?